Model Context Protocol (MCP): KI-Integration für Unternehmen der Zukunft

Ann Stark  /  13.08.25  /  Digitale Transformation

 

KI-Modelle wie GPT-4o, GPT-5 oder Claude 3 beeindrucken mit ihrer Sprachkompetenz, aber wenn es darum geht, mit echten Unternehmensdaten, Tools oder Systemen zu interagieren, stoßen sie schnell an ihre Grenzen. Der Grund dafür ist einfach: Die Traningsdaten der KI Modelle bestehen zwar aus Milliarden von Parametern und wurden durch menschliches Feedback mittels Reinforcment Learning optimiert, aber dies ist stark auf massenhafte Durchschnittssituationen generalisiert. Für Individualfälle fehlt ihnen das strukturelle Verständnis, in welchem Kontext sie agieren, welche Tools sie nutzen dürfen und welche Ziele sie verfolgen sollen. 

Genau hier setzt das Model Context Protocol (MCP) an. 

Was ist MCP? 

MCP ist ein offenes Protokoll, das bedeutet, dass seine Spezifikationen öffentlich dokumentiert, herstellerunabhängig und frei implementierbar sind. Ähnlich wie bei bekannten Standards wie HTTP oder USB können dadurch verschiedenste Anbieter daran andocken, ohne herstellerspezifische Barrieren. MCP wurde entwickelt, um KI-Modelle wie GPT-4 oder Claude in die Lage zu versetzen, mit Tools, Datenquellen und Systemen zu interagieren und dies sicher, nachvollziehbar und modellunabhängig. 

Anstatt für jede Integration eine eigene Lösung zu bauen, definiert MCP eine universelle Schnittstelle. Dadurch wird es möglich, beliebige Tools (z. B. Notion, Google Drive, interne Datenbanken oder E-Mail-Systeme) an ein beliebiges Modell anzubinden, ohne individuelle Speziallösungen. 

Oder einfacher erklärt: wie BIOS vs. Betriebssystem 

Ein LLM ohne MCP ist wie ein Computer, der nur im BIOS-Screen läuft: Das System ist eingeschaltet, aber es hat keinen Zugriff auf Software, keine Aufgaben, keine Verbindungen. Sobald MCP ins Spiel kommt, verwandelt sich das Modell in ein System, das nun Kontext verstehen kann (z. B. Rolle, Ziel, Nutzer), Tools strukturiert ansprechen darf, Aktionen protokolliert und absichert und Schnittstellen abstrahiert. 

MCP

Warum MCP für Unternehmen relevant ist 

Die größte Stärke von MCP liegt in der Standardisierung und Operationalisierung von KI. Für Unternehmen bedeutet das: 

1. Agenten, die handeln, nicht nur antworten

Mit MCP lassen sich KI-Agenten aufbauen, die nicht nur Texte generieren, sondern z. B. E-Mails schreiben, Tickets anlegen, Dateien analysieren oder Reports erstellen, direkt integriert in bestehende Workflows. 

Ein Beispiel: 

Ein interner IT-Service-Agent wird über ein einfaches Interface (Chat oder Formular) mit folgendem Befehl angesprochen: „Bitte erstelle ein neues Ticket für Server #43. Priorität hoch.” 

Ohne MCP muss der Nutzer das manuell ins Ticket-System eintragen oder der Agent muss es weiterleiten. 

Mit MCP hat das Modell Informationen zum Unternehmensinternen System und Toolset. 

  1. Das Modell weiß, dass ein Tool namens create_ticket verfügbar ist 
  2. Es erkennt automatisch Titel & Priorität im Satz 
  3. Es ruft über den MCP-Client die Schnittstelle des Tools auf 
  4. Das Tool erstellt das Ticket → das Modell bestätigt dem User: “Ticket #982 wurde erfolgreich erstellt.”

2. Sicherheit, Rollen & Kontextkontrolle

MCP erlaubt es, Zugriff auf bestimmte Tools, Datenquellen oder Aktionen exakt zu definieren. So können KI-Systeme z. B. nur auf Abrechnungsdaten zugreifen, aber nicht auf Personalakten. Gerade in Unternehmen mit sensiblen Daten oder unterschiedlichen Benutzergruppen ist das ein Problem: Wer darf was? Darf die KI auf Kundendaten zugreifen? Auf Löhne? Auf die Produkt-Roadmap? Ohne klare Grenzen wird es schnell technisch wie rechtlich riskant. 

Ein Beispiel: 

Ein Unternehmen nutzt eine KI zur internen Assistenz. Ein Mitarbeiter schreibt: „Finde mir die letzten Lohnabrechnungen von HR und leite sie an die Geschäftsführung weiter.” 

Ohne MCP: Das Modell hat keinen klaren Rahmen. Es weiß nicht, welche Daten erlaubt sind oder wer gerade spricht (z. B. Abteilungsleiter oder Azubi). Unter Umständen speichert es mehr Kontext, als es sollte, oder kann sensible Informationen ohne Logging oder Kontrolle weitergeben. Dies bedeutet Risiko für Datenschutz, Compliance und Vertrauen. 

Mit MCP arbeitet das Modell innerhalb eines vordefinierten, sicheren Kontexts: 

  1. Es erkennt, welche Rolle der Nutzer hat (z. B. nur „Mitarbeitende“ ohne HR-Zugriff) 
  2. Der Zugriff auf das Tool get_payroll_data ist nicht erlaubt 
  3. Statt zu antworten, gibt das Modell korrekt zurück: „Sie haben keinen Zugriff auf diese Datenquelle.“ 
  4. Jeder Zugriff wird geloggt, jeder Kontext ist begrenzt, jede Aktion nachvollziehbar 

3. Modellunabhängige Integration

Ein häufiger Irrglaube im KI-Bereich, wenn man sich einmal für ein Modell entschieden hat (z. B. GPT-4), ist man auf ewig daran gebunden. Gerade im Unternehmenskontext ist das problematisch, besonders wenn neue Modelle getestet oder auf ein Open-Source-Modell gewechselt werden soll. MCP ermöglicht hier, das Modell auszutauschen, ohne alle Tool-Integrationen neu zu bauen. Ob Claude, GPT oder ein internes Open-Source-Modell, die Schnittstelle bleibt gleich. 

Ein Beispiel: 

Ein Unternehmen nutzt einen KI-Agenten für die Angebotsverarbeitung. Der Workflow besteht aus: neue Anfrage per E-Mail erhalten, Anhänge analysieren (z. B. PDF-Angebote), Angebotsdaten extrahieren, diese in Excel-Tabelle eintragen und anschließend eine Statusmeldung an das Vertriebsteam senden (z. B. via Slack oder Teams). 

Der Agent ist direkt mit GPT-4 gebaut, allerdings ohne MCP. Alle Tool-Aufrufe (E-Mail, PDF-Parser, Excel-Schnittstelle, Slack-Benachrichtigung) sind direkt mit dem GPT-Code verbunden. D.h., wenn du das Modell wechselst, musst du alles neu bauen. 

Mit MCP bist du hier flexibler. Die Tools (read_email, parse_pdf, update_excel, send_message) sind als MCP-Server definiert - also standardisierte Schnittstellen. Der MCP-Client verbindet das Modell modular mit den Tools. Ob du GPT-4, Claude 3 oder ein lokales Modell nutzt, ist egal: Die Tool-Anbindung bleibt gleich. D.h., du kannst Modelle testen, vergleichen oder austauschen, ohne die ganze Architektur zu zerstören. 

Bereits in der Anwendung und weiter im Aufbau 

Das Model Context Protocol (MCP) ist kein Zukunftsthema, sondern bereits bei Anbietern wie OpenAI, Anthropic oder Google DeepMind in aktiver Nutzung. Diese Anbieter setzen auf MCP, um ihre KI-Agenten in produktiven Systemen und Pilotprojekten mit externen Tools zu verbinden. Und auch die Open-Source-Community entwickelt MCP-Clients, SDKs und Tool-Server, die sich sofort testen lassen. Parallel entstehen neue Sicherheitsrichtlinien, da Protokolle wie MCP auch potenziell missbraucht werden können. Forschungsteams wie das vom MIT warnen vor „tool poisoning“ und setzen sich für Logging-Standards und Zugriffsrichtlinien ein. 

Wer KI nicht nur als Spielerei nutzen will, sondern strategisch und effizient in Prozesse integrieren möchte, sollte sich frühzeitig mit solchen Schnittstellen beschäftigen. Denn nur wenn ein Modell den richtigen Kontext bekommt, kann es auch die richtige Entscheidung treffen. 


(Ein paar Quellen)