Low-Code-Nutzung im Unternehmen – Teil 1: Was ist Low Code?

Ingo Czarnowski  /  25.01.24  /  Digitale Transformation

 

Es gibt mittlerweile diverse Low-Code-Plattformen auf dem Markt, und immer mehr Unternehmen denken darüber nach, mindestens eine davon bei sich zu verwenden. Auch Gartner sagte Ende 2022 voraus, dass die Nutzung von Low-Code-Plattformen in den folgenden Jahren weiterwachsen werde [GTN22]. Doch ist die Nutzung von Low Code immer sinnvoll? Wann ergibt eine Entwicklung ohne Low Code (im weiteren Beitrag als „klassisch“ bezeichnet) mehr Sinn? Diese Fragen möchte ich versuchen, in diesem Beitrag zu beantworten.

Teil 1 des Beitrages stellt einen kleinen Crash-Kurs zur Thematik „Low Code“ dar. Es geht um die Fragen, was Low Code ist, und welche allgemeinen Vor- und Nachteile es hat.

In Teil 2 geht es um die Frage, wann die Nutzung von Low Code sinnvoll sein kann.

Was ist Low Code?

Low-Code-Plattformen sind Werkzeuge zur Entwicklung von Software. Der Unterschied zu gewöhnlichen Programmiersprachen und deren IDEs ist, dass bei Low-Code-Plattformen deutlich weniger Programmierarbeit nötig ist. Zum Beispiel:

  • Erstellung von Benutzeroberflächen via „Drag & Drop“ (WYSIWYG)
  • Verbindung mit Datenquellen durch Konfiguration - ohne Code
  • Vereinfachte, leicht zugängliche Programmiersprache oder grafische Programmierung
  • Objekte für Standardaufgaben bereits durch Plattform vorgefertigt

„No Code“-Plattformen sind der Extremfall. Sie verzichten vollständig auf Code.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung – Power Apps (Microsoft Power Platform)

Ein Beispiel einer Low-Code-Plattform ist „Power Apps“, Bestandteil der „Power Platform“ von Microsoft.

Entwicklungsoberfläche von PowerApps

 In dem gezeigten Screenshot ist die Entwicklungsoberfläche von „Power Apps“ zu sehen:

  • In der Mitte ist der (oder ein) „Bildschirm“ der aktuellen Anwendung zu sehen.
  • Die linke Seite umfasst verschiedene Ansichten mit Informationen zur Anwendung. In diesem Fall ist die Strukturansicht geöffnet, welche die Objekte der Anwendung sowie ihre Verschachtelung aufzeigt. Es sind z.B. Buttons, Textfelder und Labels zu erkennen.
  • Auf der rechten Seite sind die Eigenschaften und Konfiguration des aktuell ausgewählten Objektes zu sehen.
  • Am oberen Rand ist eine Menüleiste zu sehen. Mit den Funktionen links lässt sich die Anwendung anpassen, rechts stehen Möglichkeiten wie z.B. zum Speichern und Ausführen der Anwendung zur Verfügung.
  • Unter der Menüleiste am oberen Rand finden sich ein Auswahlfenster und ein Eingabefenster. Diese dienen zum Schreiben von Code für Eigenschaften von Objekten.

Der nachfolgende Screenshot zeigt ein Beispiel für Code in „Power Apps“.

Beispielcode für einen Button in PowerApps

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirken mag, ist dies deutlich vereinfachter Code im Vergleich zur „klassischen“ Entwicklung. Wenn der markierte Button gedrückt wird, überprüft der hier gezeigte Code, ob überhaupt ein Text eingegeben wurde. Ist dies der Fall, wird die lokale Variable „local_text“ um einen Zeilenumbruch und den Text aus dem befüllten Textfeld erweitert. Im Anschluss wird das Textfeld geleert. Was hier nicht zu sehen ist: Das Anzeigefeld im grünen Abschnitt der Anwendung zeigt den Wert der Variable „local_text“ an. Ändert sich dieser, wird auch die Anzeige automatisch aktualisiert, ohne weiteren Code.

Dieses kurze Beispiel soll einen groben Eindruck vermitteln, was die Idee von Low-Code-Plattformen ist und wie mit ihnen gearbeitet wird – auch wenn nur auf einen kleinen Bestandteil der Plattform eingegangen wurde.

Allgemeine Vorteile bei der Nutzung von Low Code

  • In der Regel schnellere Entwicklungszeiten im Vergleich zur „klassischen“ Entwicklung
    • Meistens müssen nur bereits vorhandene Objekte kombiniert und logisch verbunden werden.
    • Datenquellen können ohne Code konfiguriert werden.
    • Prototypen können schnell erstellt werden.
  • Gemeinsame Arbeit an Prototypen von Oberflächen
    • Entwickler:in kann mit Anforderer:in in Echtzeit an diesen arbeiten.
    • Dies bedeutet schnelles Feedback und schnellere Ergebnisse.
  • Einbindung von Citizen Developers (Mitarbeiter:innen ohne bzw. mit kaum Programmiererfahrung)
    • Jede:r kann bei der Entwicklung von Software mithelfen.
    • Die IT kann entlastet werden bzw. reduziert auf den Support der Low-Code-Plattform und das Monitoring der entwickelten Anwendungen.

Allgemeine Nachteile bei der Nutzung von Low Code

  • Abhängigkeit vom Hersteller
    • Code ist ohne die Plattform meistens nutzlos.
    • Sollte man die Plattform nicht mehr nutzen wollen, müssen Anwendungen neu entwickelt werden.
    • Es gibt keinen Einfluss auf die Behebung von Fehlern und Sicherheitslücken der Plattform.
  • Begrenzte Anpassbarkeit
    • Vorgefertigte Objekte sind nur begrenzt anpassbar.
    • Plattformen stellen meistens nur für viel genutzte Drittsysteme Schnittstellen bereit.
  • Mögliche Bildung einer Schatten-IT
    • Wenn jede:r jederzeit eine Anwendung entwickeln kann, kann der Überblick verloren gehen.
    • Wichtige Prozesse können von Anwendungen einzelner Personen abhängig werden.

Ausblick

Dieser kurze Crash-Kurs zum Thema „Low Code“ hat einen groben Überblick über die Thematik geboten. Jede Low-Code-Plattform hat eigene Vor- und Nachteile.

Teil 2 beschäftigt sich mit der Frage, wann Low Code eingesetzt werden sollte und welche Fragen sich in diesem Rahmen stellen.

GTN22: Gartner Forecasts Worldwide Low-Code Development Technologies Market t